CBAM: Vom Berichten zur Zahlung
Enexion Group
Was bedeutet der Umstieg ab 2026 praktisch
Ab dem 1. Januar 2026 endet die Schonfrist. Aus quartalsweisen CBAM-Meldungen wird ein finanziell wirksames Abgabesystem an der EU-Außengrenze. Importierende von Eisen und Stahl, Aluminium, Zement, Düngemitteln, Elektrizität und Wasserstoff müssen dann für die eingebetteten Treibhausgasemissionen ihrer Einfuhren CBAM-Zertifikate erwerben und jährlich abgeben. Die reine Berichtspflicht der Übergangsphase läuft am 31. Dezember 2025 aus. Damit verankert die EU ihre Klimakosten im Handel – und zwingt Einkaufs-, Compliance- und Finanzabteilungen zur gemeinsamen Linie.
Taktwechsel und neue Fristen
Neu ist nicht nur der Wechsel zum Zahlungsregime, sondern auch die Taktung: Verkauft werden die Zertifikate erstmals auf einer zentralen EU-Plattform ab dem 1. Februar 2027; die erste jährliche Abgabe (für die Importe des Jahres 2026) ist bis zum 30. September 2027 fällig. Wer bis dahin nicht die korrekte Anzahl an Zertifikaten abliefert, riskiert eine Sanktion in Höhe der EU-ETS-Überziehungsstrafe. Überschüssige Zertifikate können bis 31. Oktober zum amtlichen Kurs zurückgegeben werden; am 1. November löscht die Kommission ältere Restbestände ohne Entschädigung. Für 2026 gekaufte Zertifikate gelten dabei Sonderfristen. Konkret: Ungenutzte Zertifikate aus 2026 werden am 1. November 2027 gelöscht.
Preisermittlung
Die finanzielle Bemessung ist klar definiert: Für Emissionen des Jahres 2026 berechnet die Kommission den CBAM-Preis als quartalsweisen Durchschnitt der Schlusskurse von EU-ETS-Zertifikaten; anschließend gilt wieder das reguläre, enger getaktete Preisschema. Damit lässt sich der Aufwand für das Einführungsjahr genauer budgetieren, ohne das Marktsignal zu verwässern.
Liquiditätsplanung
Ebenfalls fix ist der unterjährige Liquiditätsrahmen: Ab 2027 müssen autorisierte CBAM-Deklaranten am Quartalsende mindestens 50 % der seit Jahresbeginn angefallenen, eingebetteten Emissionen mit Zertifikaten „unterlegt“ haben. Das reduziert die Kapitalbindung gegenüber der früher diskutierten 80-Prozent-Schwelle – ersetzt sie aber nicht. Wer den Schwellenwert im laufenden Jahr reißt, muss den 50-Prozent-Puffer bis zum Ende des Folgequartals herstellen
Entlastung mit Augenmaß
Kleine Importmengen werden gezielt entlastet. Die neue de-minimis-Schwelle von 50 Tonnen Netto-Masse pro Kalenderjahr und Importeur befreit von CBAM-Pflichten – allerdings nur für die Sektoren Eisen und Stahl, Aluminium, Zement und Düngemittel. Strom und Wasserstoff bleiben außen vor. Laut Gesetzesbegründung bleiben damit mindestens 99 % der Emissionen im Geltungsbereich; die Regel schützt also die Umweltwirkung und senkt zugleich Bürokratiekosten.
Primärdaten statt Schätzwerte
An der inhaltlichen Tiefe wird nicht gespart. Emissionen können – je nach Datengrundlage der Lieferkette – über tatsächliche Werte oder über Default-Werte (Standardwerte), die in der definitiven Phase ab 2026 ausdrücklich vorgesehen sind, ermittelt werden; die EU schärft die Methodik und erlaubt regionale Anpassungen der Default-Werte, wenn belastbare Daten das rechtfertigen. Parallel baut die Kommission den CBAM-Registerzugang für Betreiber in Drittstaaten aus, damit Primärdaten strukturiert geteilt und verifiziert werden können.
Keine Doppelbelastung
Wichtig für die Kostenrechnung: Im Ausland gezahlte CO₂-Preise können die Zahl der abzugebenden CBAM-Zertifikate mindern – entweder anhand dokumentierter tatsächlicher Zahlungen oder, ab 2027, via jährlicher Standard-CO₂-Preise pro Drittstaat, die die Kommission im Register bereitstellen kann. Rabatte und Rückerstattungen im Herkunftsland werden dabei gegengerechnet. Diese Regeln schaffen Planbarkeit, verlangen aber saubere Nachweise und unabhängige Bestätigungen.
Umstieg auf jährliche Erklärung
Was heißt das operativ? Bis Jahresende 2025 läuft die Übergangsphase mit quartalsweiser Meldung weiter. Ab 2026 wird auf jährliche CBAM-Erklärung umgestellt (mit verifizierten Emissionen und ausgewiesenem Zertifikatebedarf), die bis 30. September des Folgejahres über das CBAM-Register einzureichen ist. Der Zertifikatekauf läuft ab 2027 über die zentrale Plattform; Rückkäufe sind bis jeweils 31. Oktober möglich, die jährliche Löschung erfolgt am 1. November. Wer plant, vermeidet Strafen – und spart Zinsen.
Strategiewechsel erforderlich
Strategisch zählt jetzt die Datenqualität in der Lieferkette. Einkaufsverträge sollten Emissionsdaten (tatsächlich ermittelte Werte oder qualifizierte Default-Werte), Prüfrechte, Update-Zyklen sowie Nachweise über lokale CO₂-Bepreisung sauber regeln. Für Neulieferanten in CBAM-Sektoren lohnt ein Onboarding mit Datentest, damit die Deklaration 2026 reibungslos verifiziert werden kann. Unternehmen, die voraussichtlich knapp unter der 50-Tonnen-Schwelle liegen, sollten Importbündelung, Produktcodes und Ursprungsländer im Blick behalten – denn die Schwelle gilt kumuliert pro Jahr und Importeur.
Wettbewerbsfaktor statt Pflichtprogramm
CBAM ist mehr als Compliance. Die Regeln koppeln Beschaffung, Klimastrategie und Finanzierung enger zusammen. Wer carbon-arme Vorprodukte bevorzugt, profitiert unmittelbar in der CBAM-Bilanz. Wer seine Zahlungsflüsse entlang der neuen Taktung plant, dämpft die Liquiditätswirkung. Und wer seine Lieferkette datenfest macht, senkt Prüf- und Sanktionsrisiken – ohne an Wettbewerbsfähigkeit zu verlieren, sondern gerade deshalb.
Prozesse rechtzeitig anpassen
In den wenigen Wochen bis 2026 zählt Pragmatismus. Wer Berichte bislang formal korrekt, aber „per Hand“ erstellt hat, sollte die Automatisierung vorziehen: Datenmodelle vereinheitlichen, API-Strecken zur CBAM-Registry vorbereiten, Zuständigkeiten mit Zoll und Logistik verzahnen. Zudem gehört die Lieferantenqualifizierung auf den Tisch. Je früher Verträge Mess- und Audit-Rechte, Datenformate und Eskalationspfade fixieren, desto geringer die Friktionen, wenn Zertifikate erstmals mit echtem Geld hinterlegt werden müssen.
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